Wilhelm Morgner | Ein Sonderfall der Aktion "Entartete Kunst"

Vor 125 Jahren wurde in Soest der bedeutende Expressionist Wilhelm Morgner geboren. 1917 starb er wie seine Künstlerkollegen August Macke, Franz Marc und Hermann Stenner als Soldat im Ersten Weltkrieg. In seiner kurzen künstlerischen Tätigkeit schuf er mindestens 235 Gemälde, nahezu 2.000 Zeichnungen und 67 Druckgrafiken, von denen sich heute Exponate in Sammlungen namhaften Museen in Deutschland, Österreich, England und den USA befinden. Zwar lag sein Lebensmittelpunkt in Westfalen, doch wurden seine Werke in den richtungsweisenden Ausstellungen der Moderne vor dem Ersten Weltkrieg in vielen Orten Deutschlands sowie im Ausland präsentiert. So war er im Jahr 1912 bei der 2. Ausstellung des “Blauen Reiters” in München mit 20 Zeichnungen vertreten, bei der Sonderbundausstellung im Sommer 1912 in Köln wurde ein Gemälde Morgners präsentiert. Darüber hinaus stellte bei verschiedenen Ausstellungen der “Neuen Secession” in Berlin sowie in Ausstellungen, die von der Galerie “Der Sturm organisiert wurden, in Budapest und Tokio aus. Herwarth Walden veröffentlichte zahlreiche Holzschnitte Morgners in der expressionistischen Zeitschrift “Der Sturm” und Franz Pfemfert druckte in der “Aktion” Zeichnungen von Morgner ab. Mit 22 Jahren kam Morgner zum Militär und zu diesem Zeitpunkt endet sein malerisches Werk. 1914 musste er in den Krieg ziehen und gilt seit 1917 in Langemarck/Flandern als vermisst.

Nach Morgners Tod wurde der Nachlass von seiner Mutter, Maria Morgner, sowie seinem Lehrer und Mentor, dem Maler Georg Tappert, sortiert und katalogisiert. Ein Teil des Nachlasses wurde ab 1920 von der Galerie Alfred Flechtheim in Düsseldorf ausgestellt und verkauft. Im Juli 1931 erwarb die Stadt Soest 32 Gemälde, fünf Aquarelle, 159 Zeichnungen sowie eine Grafikmappe „In Memoriam“ von Wilhelm Morgner. Das war der Beginn der städtischen Kunstsammlung Soest. Selbst 1934 kaufte die Stadt Soest weitere 153 Zeichnungen und sechs Druckgrafiken Morgners an, obgleich die Stadtverwaltung auch in Soest durch die nationalsozialistische Herrschaft gleichgeschaltet war. Wie in 100 weiteren Museen wurde 1937 in Soest moderne Kunst im Zuge der Aktion “Entartete Kunst” beschlagnahmt und nach Berlin verbracht. Unter den 61 in Soest beschlagnahmten Kunstwerken waren allein 50 Arbeiten von Wilhelm Morgner, insgesamt wurden 94 Werke Morgners aus den Museen beschlagnahmt.

Wilhelm Morgners Bilder können als Sonderfall der Aktion “Entartete Kunst” betrachtet werden, denn von den fast 20.000 Kunstwerken, die die Nationalsozialisten beschlagnahmt hatten, wurden nur wenige den Museen und Privatpersonen zurückgegeben. Die Kunstwerke sollten gegen Devisen über die Kunsthändler Bernhard A. Böhmer (Güstrow), Karl Buchholz (Berlin), Hildebrand Gurlitt (Hamburg) und Ferdinand Möller (Berlin) verkauft werden. Ein Teil der Werke, von denen man annahm, dass sie nicht verkäuflich wären, wurde vermutlich im Frühjahr 1939 in Berlin vernichtet. Die Verwertung der “Entarteten Kunst” endete offiziell im Juni 1941, denn im Krieg war der Kunstmarkt und dabei vor allem der Handel mit ausländischen Käufern zusammengebrochen. Die Bilder verschwanden im Depot des Propagandaministeriums und als Kommissionsware bei den involvierten Kunsthändlern. Im Sommer 1943 kamen dann 24 Gemälde Morgners dennoch nach Soest. Es ist bislang nicht bekannt, dass ein anderes Museum eine solch große Anzahl an Bildern aus der Beschlagnahmung von 1937 zurückbekommen hätte. Drei Gemälde aus der Rückgabe sind in der darauffolgenden Zeit verloren gegangen.

Das Buch von Thomas Drebusch thematisiert die Verlustgeschichte der Bilder Wilhelm Morgners in der Kunstsammlung der Stadt Soest durch die Beschlagnahmung im Jahr 1937.

Thomas Drebusch: Wilhelm Morgner. Ein Sonderfall der Aktion “Entartete Kunst”.
ikonom Verlag, Soest 2016
148 Seiten, 23,5 × 22 cm, mit zahlreichen farbigen Abbildungen.

ISBN 978-3-00-053360-0

20,- €

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